Montag, 31. Juli 2017

Nach Lobenswertem trachten

Wir feierten Geburtstag im Familienkreis mit schön eingedecktem Tisch und selbst gebackenem Kuchen. Lobenswert waren die Dankeszeilen des Geburtstagskindes für unser Geschenk (ein Gutschein für Gardinen). "Hier kurze Info, was aus dem Geburtstagsgeld geworden ist. Die Vorhänge und die Kissen sind aus dem gleichen Stoff. ... Das ergibt ein schönes Bild! Ich finde das sieht richtig gut aus. Ich freu mich so! ... Hin und wieder mach ich Pause und guck mein schönes Zimmer an!" Trachten gehört zum Wortfeld "tracht". Dazu zählen betrachten, die Tracht (Honigernte oder auch typische Kleidung einer Volksgruppe), aber auch niederträchtig (herabziehend, neudeutsch fake) oder die Tracht Prügel. Im Zusammenhang mit Lob meint "trachten" sicherlich, einer von der Gruppe als Gut angesehenen Sache dauerhaft folgen.
Botticelli.
Geburt der Venus
Nun tauchte bei der Familienfeier die Frage unserer zukünftigen Kunststudentin auf, ob sie denn einen Kurs Aktmalerei belegen dürfe. Selbstverständlich habe ich geantwortet, doch gab es auch die Gegenmeinung, ob Nacktdarstellungen nicht Pornographie seien. Die Fragestellerin konterte mit einem Venus-Bild des italienischen Renaissance-Malers Botticelli auf ihrem iPhone. Das könne doch nicht Unanständiges sein! So bewegte mich die Frage weiter. An einem Morgen danach wachte ich mit dem Gedanken an den 13. Glaubensartikel auf, in dem es heißt: "Wenn etwas ... lobenswert ist, so trachten wir danach." (KP, GA 13; https://www.lds.org/scriptures/pgp/a-of-f/1?lang=deu)

Lukas Cranach,
Adam und Eva
Ich dachte an die Kunstausstellung "Lukas Cranach, Meister-Marke-Moderne", die wir kürzlich in Düsseldorf besuchten. Dort gefielen uns  die lebensgroßen Aktdarstelleungen mit religiösem oder mythischem Hintergrund. Meine Frau bemerkte am Ende des Rundgangs, dass ihr besonders der meisterliche Augenausdruck  in den dargestellten Gesichtern aufgefallen sei. Wenn sich in den Augen die Seele widerspiegelt, dann kann man folgern, dass ihre Aufmerksamkeit der Harmonie zwischen Körperdarstellung und Gesichtsausdruck galt.
Paula Becker Modersohn
Selbstbildnis
Auch erinnerte ich mich an eine früher besuchte Ausstellung in Worpswede, wo wir den ersten kunstgeschichtlich belegten Frauenakt als Selbstporträt von Paula Becker Modersohn sahen und ihrer Lebensgeschichte zuordnen konnten. Man kann aus diesen uns beeindruckenden Erlebnissen schließen, dass Aktdarstellungen nicht niederträchtig sondern erhebend wirken. Für Cranachs Zeitgenossen waren sie Ausdruck einer Kunst, die sich von der Vormundschaft der damals noch mittelalterlichen Kirche befreien wollte. Nicht zufällig folgte der Reformation die bilderstürmende Gegenreformation.
mittelalterliche
Verkündigungsdarstellung
Gerade ein Feuilletonbeitrag der "Zeit" zeigt die Aktualität. Hanno Rauterberg schreibt im Zusammenhang mit einer politisch korrekten Kunst über den "Tanz der Tugendwächter" und kommt bei der Betrachtung der diesjährigen Dokumenta zu der Ansicht, dass der Biedersinn triumphiert. Er stellt einleitend kritisch fest, dass vor nicht zu langer Zeit die Gesellschaft noch "stolz darauf (war), in der Freiheit der Kunst ihre eigene zu erblicken." (Die Zeit, 27. Juli 2017, S. 37)

Die wiederhergestellte Kirche Jesu Christi will ihre Mitglieder nicht bevormunden, sondern sie ermutigen, die Entscheidungsfreiheit als ihr höchstes Gut zu nutzen. Hilfreich könnten deshalb Schriftstellen sein, die Auskunft darüber geben, was lobenswert ist. Die Psalmen singen den Lobgesang Gottes und empfehlen uns reine Hände und ein lauteres Herz. (AT, Psalm 24:4f; https://www.bibleserver.com/text/EU/Psalm24
Bei Lukas lesen wir, dass Maria, bei aller Wertschätzung von Martas Diensteifer, das Bessere wählte, indem sie dem Herrn zuhörte. (NT, Lukas 10:42; https://www.bibleserver.com/text/EU/Lukas10
Nephis Handlungsmaxime ist sicher einprägsam: "Ich will hingehen und das tun, was der Herr geboten hat." (BM, 1. Nephi 3:7; https://www.lds.org/scriptures/bofm/1-ne/3?lang=deu)
Von den 10 Anforderungen, die in einem Abschnitt neuzeitlicher Offenbarungen genannt werden, liegt mir Demut besonders am Herzen, weil sie beständige Lernbereitschaft hervorbringt. (LuB 4:6; https://www.lds.org/scriptures/dc-testament/dc/4?lang=deu) -
Vielleicht habe ich so der Fragestellerin mein "selbstverständlich" näher erklären können. Die Entscheidung, eine Aktkurs während des Kunststudiums zu belegen, wird sie nun selbst am besten treffen können.



 

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