Montag, 31. Juli 2017

Nach Lobenswertem trachten

Wir feierten Geburtstag im Familienkreis mit schön eingedecktem Tisch und selbst gebackenem Kuchen. Lobenswert waren die Dankeszeilen des Geburtstagskindes für unser Geschenk (ein Gutschein für Gardinen). "Hier kurze Info, was aus dem Geburtstagsgeld geworden ist. Die Vorhänge und die Kissen sind aus dem gleichen Stoff. ... Das ergibt ein schönes Bild! Ich finde das sieht richtig gut aus. Ich freu mich so! ... Hin und wieder mach ich Pause und guck mein schönes Zimmer an!" Trachten gehört zum Wortfeld "tracht". Dazu zählen betrachten, die Tracht (Honigernte oder auch typische Kleidung einer Volksgruppe), aber auch niederträchtig (herabziehend, neudeutsch fake) oder die Tracht Prügel. Im Zusammenhang mit Lob meint "trachten" sicherlich, einer von der Gruppe als Gut angesehenen Sache dauerhaft folgen.
Botticelli.
Geburt der Venus
Nun tauchte bei der Familienfeier die Frage unserer zukünftigen Kunststudentin auf, ob sie denn einen Kurs Aktmalerei belegen dürfe. Selbstverständlich habe ich geantwortet, doch gab es auch die Gegenmeinung, ob Nacktdarstellungen nicht Pornographie seien. Die Fragestellerin konterte mit einem Venus-Bild des italienischen Renaissance-Malers Botticelli auf ihrem iPhone. Das könne doch nicht Unanständiges sein! So bewegte mich die Frage weiter. An einem Morgen danach wachte ich mit dem Gedanken an den 13. Glaubensartikel auf, in dem es heißt: "Wenn etwas ... lobenswert ist, so trachten wir danach." (KP, GA 13; https://www.lds.org/scriptures/pgp/a-of-f/1?lang=deu)

Lukas Cranach,
Adam und Eva
Ich dachte an die Kunstausstellung "Lukas Cranach, Meister-Marke-Moderne", die wir kürzlich in Düsseldorf besuchten. Dort gefielen uns  die lebensgroßen Aktdarstelleungen mit religiösem oder mythischem Hintergrund. Meine Frau bemerkte am Ende des Rundgangs, dass ihr besonders der meisterliche Augenausdruck  in den dargestellten Gesichtern aufgefallen sei. Wenn sich in den Augen die Seele widerspiegelt, dann kann man folgern, dass ihre Aufmerksamkeit der Harmonie zwischen Körperdarstellung und Gesichtsausdruck galt.
Paula Becker Modersohn
Selbstbildnis
Auch erinnerte ich mich an eine früher besuchte Ausstellung in Worpswede, wo wir den ersten kunstgeschichtlich belegten Frauenakt als Selbstporträt von Paula Becker Modersohn sahen und ihrer Lebensgeschichte zuordnen konnten. Man kann aus diesen uns beeindruckenden Erlebnissen schließen, dass Aktdarstellungen nicht niederträchtig sondern erhebend wirken. Für Cranachs Zeitgenossen waren sie Ausdruck einer Kunst, die sich von der Vormundschaft der damals noch mittelalterlichen Kirche befreien wollte. Nicht zufällig folgte der Reformation die bilderstürmende Gegenreformation.
mittelalterliche
Verkündigungsdarstellung
Gerade ein Feuilletonbeitrag der "Zeit" zeigt die Aktualität. Hanno Rauterberg schreibt im Zusammenhang mit einer politisch korrekten Kunst über den "Tanz der Tugendwächter" und kommt bei der Betrachtung der diesjährigen Dokumenta zu der Ansicht, dass der Biedersinn triumphiert. Er stellt einleitend kritisch fest, dass vor nicht zu langer Zeit die Gesellschaft noch "stolz darauf (war), in der Freiheit der Kunst ihre eigene zu erblicken." (Die Zeit, 27. Juli 2017, S. 37)

Die wiederhergestellte Kirche Jesu Christi will ihre Mitglieder nicht bevormunden, sondern sie ermutigen, die Entscheidungsfreiheit als ihr höchstes Gut zu nutzen. Hilfreich könnten deshalb Schriftstellen sein, die Auskunft darüber geben, was lobenswert ist. Die Psalmen singen den Lobgesang Gottes und empfehlen uns reine Hände und ein lauteres Herz. (AT, Psalm 24:4f; https://www.bibleserver.com/text/EU/Psalm24
Bei Lukas lesen wir, dass Maria, bei aller Wertschätzung von Martas Diensteifer, das Bessere wählte, indem sie dem Herrn zuhörte. (NT, Lukas 10:42; https://www.bibleserver.com/text/EU/Lukas10
Nephis Handlungsmaxime ist sicher einprägsam: "Ich will hingehen und das tun, was der Herr geboten hat." (BM, 1. Nephi 3:7; https://www.lds.org/scriptures/bofm/1-ne/3?lang=deu)
Von den 10 Anforderungen, die in einem Abschnitt neuzeitlicher Offenbarungen genannt werden, liegt mir Demut besonders am Herzen, weil sie beständige Lernbereitschaft hervorbringt. (LuB 4:6; https://www.lds.org/scriptures/dc-testament/dc/4?lang=deu) -
Vielleicht habe ich so der Fragestellerin mein "selbstverständlich" näher erklären können. Die Entscheidung, eine Aktkurs während des Kunststudiums zu belegen, wird sie nun selbst am besten treffen können.



 

Montag, 24. Juli 2017

In alle Welt gehen oder schleichend verschwinden

Die auch von mir schmerzlich empfundene hohe Zahl von Kirchenaustritten war ein Hauptthema der Wochenendausgabe unserer Tageszeitung. Über eine halbe Millionen Mitglieder verloren in Deutschland 2016 die evangelische und die katholische Kirche zusammen. Was dagegen nicht in der Zeitung stand war, dass weltweit im gleichen Jahr die Mitgliederzahl der Kirche Jesu Christi der Heilgen der Letzten Tage um über eine viertel Millionen anstieg. 1830 wurde die Kirche Jesu Christi mit 6 Mitgliedern wiederhergestellt. Etwas mehr als ein Jahrhundert später (1947) erreichte sie trotz anfangs massiver staatlicher Ausrottungsversuche die Millionengrenze. Schon 25 Jahre später (zur Zeit meiner Taufe 1962) zählte die Kirche 2,6 und aktuell (Juli 2017) wird sie die Zahl von 16 Millionen Mitglieder bereits überschritten haben. Deshalb wird es wohl nicht stimmen, dass der Grund für "das schleichende Verschwinden" christlicher Kirchenmitglieder nach dem Religionssoziologen Detlev Pollack darin zu finden ist, dass "es... für viele Menschen heute schlicht Wichtigeres als Religion (gäbe)"oder dass nach dem begleitenden Kommentar von Andreas Herholz "der mit der Zeit gehen muss, der nicht mit der Zeit geht." Wenn die Kirche sich nicht nur christlich nennt, sondern seinen Namen trägt und von einem Propheten im Namen Christi geleitet wird, dann hat sie von ihrer ursprünglichen Kraft nichts verloren und gibt ihren Mitgliedern notwendige Lebensorientierung.
Die Sonntagsschule behandelte am gestrigen Sonntag im geschichtlichen Zusammenhang den Missionsauftrag Christi: "geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern." (NT, Matthäus 28:19f; https://www.bibleserver.com/text/EU/Matth%C3%A4us28 und https://www.lds.org/manual/doctrine-and-covenants-and-church-history-class-member-study-guide/lesson-26-go-ye-into-all-the-world-and-preach-my-gospel?lang=deu) Uns wurde wieder bewusst, dass die missionarische Aufgabe gleichrangig neben der sozialen und sakramentalen steht und auch unter größten Opfern schon zu Beginn der Wiederherstellung erfüllt wurde.
G.B. Hinckley (1910-2008)
Kirchenarbeit nach G. B. Hinckley
In Salt Lake City, Bundesstaat Utah, USA,  ist der Hauptsitz der Kirche. Dort fanden 2002 die olympischen Winterspiele statt. Der damalige Prophet und Präsident der Kirche, Gordon B. Hinckley, fasste in einer anschließenden Konferenzansprache die Erfahrungen mit dem weltweit beachteten Großereignis wie folgt zusammen: " Als unsere Mitglieder vor 155 Jahren in diesem Tal ankamen, sahen sie mit prophetischer Vision eine großartige Zukunft. Aber ich frage mich manchmal, ob sie wirklich ahnten, in welchem Ausmaß ihr Traum Wirklichkeit werden sollte."  Er zitierte in dieser Ansprache auch  die Journalistin  Georgie Anne Geyer, die ihren Bericht über die Kirche, wie sie sich während der Spiele darstellte, mit folgenden Worten schloss: " Es ist einfach die Mischung aus einer ernsthaften und aufrechten Religion, aus Familien, die sich um den höchsten Grad an Kultur und gleichzeitig modernste Technologie bemühen und darauf bestehen, dass dafür Vorsorge getroffen wird, und aus einer allgemein vernünftigen Organisation und Regierung. Kurz gesagt, es ist eine moderne Mischung des alten Amerikas."  (Die Kirche geht vorwärts; https://www.lds.org/liahona/2002/07/2?lang=deu

 Nun besteht allerdings der Missionsauftrag schon von Adam und Evas Zeiten an. Bei Mose heißt es: "Und so fing das Evangelium an, von Anbeginn gepredigt zu werden." (KP, Mose 5:58; https://www.lds.org/scriptures/pgp/moses/5?lang=deu) Auch da ist er schon an das Bild vom guten Hirten gekoppelt. (AT, Hesekiel 34:11; https://www.bibleserver.com/text/EU/Hesekiel34). Wie Paulus wurden auch die Apostel nach der Wiederherstellung zu diesem Werk berufen. (LuB 18:9; https://www.lds.org/scriptures/dc-testament/dc/18?lang=deu) Unsere große Verantwortung in dieser Arbeit macht uns Jakob, der Bruder Nephis, bewusst. (BM, Jakob 1:19; https://www.lds.org/scriptures/bofm/jacob/1?lang=deu). 
Wie ernst diese Aufgabe in der Kirche genommen wird, kann man an der Anzahl der Vollzeitmissionare ablesen, die Ende 2016 weltweit etwa 71 Tausend junge Erwachsene beiderlei Geschlechts betrug. Hinzu kamen noch  etwa 34 Tausend meist ältere Missionare im Kirchendienst, die mit entsprechendem Fachwissen die Kircheorganisationen überall auf der Welt ehrenamtlich unterstützen. Ein schleichendes Verschwinden aktiver Kirchenmitglieder ist nirgends feststellbar.
Die Verfasser der Zeitungsberichte vom letzten Wochenende schrieben, dass die christlichen Kirchen den Rückhalt besonders unter den jungen Menschen verlieren. Auch hier möchte ich noch einmal Präsident Hinckley zitieren, der nach seiner Mission festhielt: "Wie dankbar bin ich doch für das, was ich auf Mission erlebt und erfahren habe! ...  Meine Zufriedenheit rührte von der Gewissheit her, dass ich das tat, was der Herr von mir erwartete, und dass ich ein Werkzeug in seiner Hand war, um seine Ziele zu erreichen. Im Laufe dieser Erfahrung verankerte sich tief in meinem Wesen die Überzeugung und Erkenntnis, dass dies tatsächlich das wahre und lebendige Werk Gottes ist, wiederhergestellt durch einen Propheten zum Segen aller, die es annehmen und nach seinen Grundsätzen leben wollen." (https://www.lds.org/manual/teachings-of-presidents-of-the-church-gordon-b-hinckley/chapter-21-the-latter-day-miracle-of-missionary- work?lang=deu)
Wir, meine Frau und ich, haben dankbar die Erfahrung machen können, dass unsere Kinder der Kirche treu geblieben sind und sich auch die Enkelgeneration so verhält, obwohl immer viel Arbeit zu verrichten war und ist. 
 

Mittwoch, 19. Juli 2017

Eigenständigkeit oder auf eigenen Füßen stehen

Tochter Anike
Vor einigen Tagen erhielten wir von unsere Tochter ein Bild, das sie mit einem neuen selbstgeschneiderten Kleid zeigt. Meine Frau dachte an die Zeit zurück, als die gleiche Tochter ihr sagte, dass sie sich nie etwas schneidern würde. Das sei doch altmodisch. Welche Freude bereitet es ihr heute, sich oder ihrer Familie etwas zu schneidern! So können wir das Thema "Eigenständigkeit" und den Leitgedanken eines kürzlichen Unterrichts bestätigen, den meine Frau gab: " Zufriedenheit durch zeitliche Eigenständigkeit." (https://www.lds.org/manual/teachings-of-presidents-of-the-church-gordon-b-hinckley/chapter-13-peace-and-contentment-through-temporal-self-reliance?lang=deu)
Peter Tauber
Aktuell konnte dieses Thema Bezug nehmen auf die Äußerung des CDU-Generalsekretärs Peter Tauber, dass eine gute Ausbildung einen davor beschützen würde, arbeitslos zu werden oder drei Minijobs annehmen zu müssen, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Damit löste er einen Twitter-Shitstorm aus, in dem vielfach zum Ausdruck kam, dass Ausbildung heute keine Garantie mehr dafür sei, vor Arbeitslosigkeit oder Beschäftigung in Minijobs bewahrt zu sein. So könnte man das Kind mit dem Bade ausschütten: Es lohne sich heute weder zu sparen noch sich ausbikden zu lassen. Es mag sein, dass durch Ausbildung kein absoluter Schutz gewährt werden kann, doch behält  die Grundaussage Gültigkeit.
Eine Lernhilfe der Kirche, die in 12 Gruppensitzungen die Mitglieder in ihrem Bewusstsein stärken soll, lohnende Eigenständigkeit anzustreben, kann uns die Augen öffnen. (https://www.lds.org/topics/pef-self-reliance/manuals-and-videos?lang=deu&old=true)
Das Fundament dieser Eigenständigkeit sind richtige Grundsätze sowie geübte Fertigkeiten und erworbene Gewohnheiten. Die letzten beiden Lerneinheiten beschäftigen sich mit einer guten Ausbildung, die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen einschließt, und die Fertigkeit, bei der Sache zu bleiben. Eine gute Gewohnheit sei es dabei, früh aufzustehen und sich die Zeit klug einzuteilen. 
Der regelmäßige Bezug zur Heiligen Schrift gibt die Sicherheit, hier einen oft mühsamen, aber doch lohnenswerten Weg zu gehen.
Wir lernen, dass der Mensch nicht nur vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort lebt, was der Mund des Herrn spricht. (AT, Deutoronomium 8:3; https://www.bibleserver.com/text/EU/5.Mose8) Auch wird uns bewusst, dass wir uns dem Wettkampf des Lebens mit Ausdauer stellen müssen. (NT, Hebräer 12:1; https://www.bibleserver.com/text/EU/Hebr%C3%A4er12
Wegweisung erhalten wir im Glauben und nicht in der Trägheit. (BM, Alma 37:40f; https://www.lds.org/scriptures/bofm/alma/37?lang=deu
Bewegen sollen wir uns in einem Haus des Lernens. (LuB, 88:119; https://www.lds.org/scriptures/dc-testament/dc/88?lang=deu
Letztlich sollten wir bedenken, dass dieses Leben eine Prüfungszeit ist. (KP, Abraham 3:25f; https://www.lds.org/scriptures/pgp/abr/3?lang=deu), um in die Gegenwart Gottes zurückkehren zu können.
Bei Eigenständigkeit denken wir immer auch an das Wohlfahrtsprogramm, das von uns erwartet, einen Vorrat zu haben. Durch den Unterricht angeregt, haben wir einen Einkaufsplan im Internet gefunden, der uns die Grundnahrungsmittel für einen Zweipersonenhaushalt aufzeigte. (https://www.ernaehrungsvorsorge.de/private-vorsorge/notvorrat/vorratskalkulator/
So haben wir unseren Vorrat ergänzt und festgestellt, dass die Beschaffung nicht zu aufwendig war.

Nachtrag aus dem Herner Gemeindebrief "Kurier", 52 Jg. August 2017
Bischof Andreas Nabrotzky schreibt zur Eigenständigkeit:

Marion G. Romney (1897-1988) zitierte in einer Konferenzansprache aus einem Reader´s Digest-Artikel unter dem Thema „einfältige Möwen. „In unserem netten Nachbarort St- Augustine verhungern große Möwenschwärme mitten im Überfluss. Es gibt immer noch genügend Fische, aber die Möwen verstehen sich nicht mehr aufs Fischen. Seit Generationen verlassen sie sich darauf, dass ihnen die Krabbenfischer ihre Brocken von den Netzen zuwerfen. Jetzt sind die Fischer umgezogen ... .
Die Krabbenfischer hatten für die Möwen einen Wohlfahrtsstaat geschaffen. Die großen Möwen machten sich nicht die Mühe, selbst fischen zu lernen und brachten es auch ihrem Nachwuchs nicht bei. Stattdessen führten sie ihre Jungen zu den Krabbennetzen.
Jetzt verhungern die Möwen, die herrlichen, freien Vögel, die geradezu ein Symbol für die Freiheit sind, weil sie sich dazu verleiten ließen, etwas für nichts zu bekommen! Sie opferten ihre Unabhängigkeit für ein Almosen.
Als 14 jähriger Junge hat mich dieser Bericht sehr angesprochen, aber ich konnte mir das Verhalten der Möwen nicht vorstellen. ... (Später, als ich zur See fuhr,) konnte ich beobachten, dass einige Möwen von Kontinent zu Kontinent immer hinter dem Schiff hergeflogen sind und sich von unseren im Meer entsorgten Speiseresten ernährt haben. Heute ... erkenne ich diese Verhaltensweisen auch bei Menschen in unserer Gesellschaft.
            Ich bin dankbar, dass sich die Kirche bei ihrer Wohlfahrtshilfe nicht mit einem System begnügt, Menschen dauerhaft in Abhängigkeit zu bringen. Die Kirche ist darauf bedacht, dass Mitglieder eigenständig werden, um sich selber zu helfen."



 

Samstag, 15. Juli 2017

Was mir die Kirche auch gibt

Durch Zufall fiel mir auf unserer "Dienstreise" als Großeltern das ABI-Album 2017 des Kurpfalz-Gymnasium in Schriesheim in die Hände. Dieses besuchen zur Zeit unsere beiden Enkel Lasse und Okke. In dem Album ist eine Seite Danksagungen abgedruckt. Die erste und längste unter allen ist, was ich bemerkenswert finde, an den bisherigen Koch der Schulmensa gerichtet:
„Lieber Aaron,
zunächst einmal wollen wir uns bei dir bedanken. Seit der sechsten Klasse hast du uns begleitet und uns mit Essen versorgt. ... Mit einem Lächeln im Gesicht wurde man täglich von dir in Empfang genommen. ... Auch die Mittagspausen konnten wir umso mehr genießen, wenn sie von dir mit den Worten „Salat und Käse zu deiner Bolgnese?“ eingeleitet wurden.
Aaron, wir danken dir, dass du unseren Schulalltag ein bisschen erleichtert hast und immer gut gelaunt warst. Schon allein, dass Du die Schüler beim Namen kanntest, rechnen wir dir hoch an. Dein freundliches Grinsen bei deiner Bewirtung hat uns auch immer ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.“
Aaron kenne ich als Enkel von Georg und Lieselotte, alten Freunden in der Kirche, als Ehemann von Franziska, der Tochter einer uns nahen Familie in der Gemeinde, als Bruder von Matthias, einem in diesem Jahr graduierten Diplomingenieur, dessen Bachelor- und Masterarbeiten ich auf gutes Deutsch hin durchsehen durfte, und als fürsorglichen Heimlehrer der Familie meiner Tochter Anike.
Aaron war auch der Bruder Moses (AT, 2. Mose 6:38; https://www.bibleserver.com/text/EU/2.Mose6). Nach ihm ist das vorbereitende Aaronische Priestertum benannt, das in der Kirche in aller Regel die jungen Männer im Alter von 12 bis 18 Jahren tragen, bevor sie auf Mission gehen und dafür das höhere Melchisedekische Priestertum übertragen bekommen (https://www.lds.org/scriptures/gs/aaronic-priesthood?lang=deu). Das vorbereitende Priestertum trug auch Johannes der Täufer (NT, Lukas 1:17; https://www.bibleserver.com/text/EU/Lukas1). Er übertrug es während der Wiederherstellung der Kirche auf Joseph Smith und Oliver Cowdery (KP, LgJS 1:72; https://www.lds.org/scriptures/pgp/js-h/1?lang=deu oder LuB 13:1; https://www.lds.org/scriptures/dc-testament/dc/13?lang=deu).
Ich bin davon überzeugt, dass der Koch Aaron sein freundlich verbindliches Verhalten in der Familie gelernt und in der Kirche vielfältig geübt hat. Auch an unseren eigenen Kindern und Enkeln erfahren wir das für sie vorteilhafte Zusammenwirken verschiedener Generationen in der Kirche,  das sie sonst kaum noch erleben können. So bemerkt man an ihnen beständige sowie allgemein große soziale und kommunikative Fähigkeiten wie bei Aaron, die hier Schülern auffielen und für die sie ihm besonders dankten.

Mittwoch, 5. Juli 2017

Umkehrwillig oder bußfertig werden

Als jüngster von fünf Brüdern habe ich mich oft gefragt, warum alles Ungemach auf mir abgeladen wurde und wieso ich immer den ganzen Frust der anderen zu spüren bekam? Als junger Vater erzog ich dann alllerdings zuweilen selbst noch nach den überkommenen Verhaltensmustern.
Sohn Christian, 5 Jahre alt
Sohn Christian strafte aber derartigeses Verhalten mit Verachtung, indem er mich klaglos und ohne Geheul stehen ließ. Durch ihn wurde mir bewusst, wie ich mich früher öfters ungerecht behandelt fühlte. So mied ich fortan, Unangenehmes auf andere abzuladen oder auch einmal bei entsprechender Gelegenheit körperlich zu strafen.
Joy D. Jones, PV-Präsidentin
Die Ansprache "Eine Generation, die der Sünde widersteht" von Joy D. Jones auf der letzten Generalkonferenz hat mich zum Nachdenken bewegt, was Christian damals vielleicht zu seiner Haltung geführt haben könnte. Als WDR-Pilot (Klassen der 4 bis 7-Jährigen) hatte er schon gelernt, ein Sohn Gottes zu sein. Entsprechend respektvoll sollte ihn auch sein Vater behandeln. Schwester Jones sagte in diesem Zusammenhang: "Es ist (schon für die Kinder) absolut notwendig, die Lehre von der Umkehr zu verstehen. ... es impliziert, dass man beständig umkehrwillig, wachsam und tapfer ist." (https://www.lds.org/liahona/2017/05/sunday-morning-session/a-sin-resistant-generation?lang=deu)
Weiter entnahm ich der Rede König Benjamins, dass "der natürliche Mensch ein Feind Gottes ist" (BM, Mosiah 3:19; https://www.lds.org/scriptures/bofm/mosiah/3?lang=deu). Nach dem Schriftenführer bezeichnet man als "natürlich" jemanden, "der sich entscheidet, lieber von den Leidenschaften, Wünschen, Neigungen und Sinnen des Fleisches beeinflusst zu werden als von den Eingebungen des Heiligen Geistes. So jemand kann Physisches verstehen, aber nicht Geistiges." (https://www.lds.org/scriptures/gs/natural-man.html?lang=deu&letter=N)
Ich habe hier an einem einfachen Beispiel Umkehr oder Buße  beschrieben. Dabei merke ich, dass Gefühle des Selbstmitleids sich wandeln können. Was würde ich heute dafür geben, wenn ich meinen schon verstorbenen Eltern und Brüdern die damals als Last empfundene Dienste als Gefälligkeiten leisten könnte! Auch brauche ich keine Schuldgefühle mehr, um auf den richtigen Weg zurückzukehren. Ich verspüre einfach meine natürlichen Schwächen und versuche ihnen zu widerstehen. Geht man wie selbstverständlich davon aus, dass der andere sich zu ändern habe, so lernt man durch den Geist, dass Umkehr immer bei einem selbst beginnen sollte.
Befreit fühle ich mich vom Joch der Erbsünde. Auch wenn sich viele in dieser Sache auf Paulus berufen, so schrieb er doch den Korinthern: "Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden." (NT, 1. Korinther 15:22; https://www.bibleserver.com/text/EU/1.Korinther15) Auch Evas Entscheidung, von dem Baum zu essen (AT, 1. Mose 3:6; https://www.bibleserver.com/text/EU/1.Mose3) begreife ich heute zum Glück besser. Die Bedeutung der Umkehr für einen jeden von uns als zweiten Grundsatz nach dem Glauben ist mir sehr bewusst (KP, GA 1:4; https://www.lds.org/scriptures/pgp/a-of-f/1?lang=deu). So wie sich der Vater über jede Seele freut, die umkehrt (LuB 18:13;, https://www.lds.org/scriptures/dc-testament/dc/18.13?lang=deu#p12), können wir Umkehr auch als eine uns glücklich machende Segnung begreifen. Sie ist für mich heute ein meinen tiefsten Wünschen entsprechender fortdauender Lernprozess.

Anmerkungen: PV     = Primarvereinigung/Kinderorganisation der Kirche
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