Donnerstag, 4. Juni 2015

Unser tägliches Brot ...


Brotteller mit den frischen Brotlaiben
Die Bitte "Unser tägliches Brot gib uns heute" (http://www.bibleserver.com/text/LUT/Matth%C3%A4us6) aus dem Vaterunser begleitet mich seit Kindertagen. Aus dem Nachlass meiner Schwester habe ich einen Brotteller aufbewahrt, den sich meine Eltern entsprechend dem Muster des in der ostpreußischen Heimat zurückgelassenen Exemplars nach dem Krieg und der Vertreibung neu drechseln ließen.
nach 2 Stunden fertig gebacken
Unser Brot ist seit vielen Jahren selbst gebacken. Heute ist es ein mit Sauerteig gebackenes Vollkorn-Dinkelbrot. Um es backen zu können, besitzen wir einen Dampfbackofen, der das Brot in einem automatischen Vorgang in zwei Stunden backt. Dem eigentlichen Backen geht die Zubereitung voraus.
Das Rezept für ein Kastenbrot: 750 g Weizen/Dinkel; 350 ml H-Vollmilch; 350 ml Wasser; 15 g Salz; 100 g Trockenpflaumem; 25 g Sonnenblumenkerne; je 1 gestr. Teelöffel der Brotgewürze Kümmel, Anis, Fenchel, Koriander, Liebstöckel und Tausendgüldenkraut sowie je ein Beutel Sauerteig und Trockenhefe.
Den Weizen/Dinkel entnehme ich unserem Jahresvorrat, der entsprechend dem Bedarf  immer ergänzt wird. Das Korn wird zusammen mit den Brotgewürzen in unserer elektrisch betriebenen Hausmühle gemahlen (sollte der Strom ausfallen, dann haben wir auch noch eine handbetriebene Mühle). Mit einem Teil des frisch gemahlenen Mehls wird unter Zugabe von H-Milch und Wasser sowie Sauerteig und Trockenhefe einen Vorteig gemischt, der einen Tag Zeit zum Durchsäuern bekommt. Dann wird das Restmehl mit Salz, Milch, Wasser und dem Vorteig angeteigt. Der entstehende Teig soll dann etwa vier Stunden zugedeckt gehen können. Danach werden  Walnuss- und Sonnenblumenkerne sowie Trockenobst dazugegeben. Der entstehende gut geknetete Teig wird portioniert, in die Formen gegeben und gebacken. Das Brot kann dann auch eingefroren werden, hält sich aber mehr als eine Woche auch so.
Der Vorgang des Brot Backens ist aber nur die eine Seite der Medaille. Was mich besonders bewegt, sind die Erinnerungen an die Bedeutung des Brots in meinem Leben. Auch bei uns zu Hause wurde das Brot selbst gebacken. Seine Bedeutung wurde mir aber erstmals bewusst, als wir es nach der Flucht und dem Weltkriegsende kaufen mussten und es als Maisbrot nur auf Marken äußerst knapp zugeteilt bekamen. Da wurde jede Scheibe geröstet, damit wir länger zu kauen hatten. Mutter erlaubte nicht, das verführerisch duftende Frischbrot zu verzehren, weil wir dann zu viel davon essen  und uns den Magen verderben würden. Auch wurde uns das Brot zugeteilt, damit jeder in der Familie von ihm bekam. Sein Schulbrot nicht zu essen oder es wegzuwerfen, ging gar nicht.
"Unser" Brot erinnert an seine soziale Bedeutung. Es ist ein Grundnahrungsmittel. Wir essen es gern in Gemeinschaft beim Frühstück sowie Abendbrot und lernen dabei, es auch miteinander zu teilen.
"Tägliches Brot gib uns heute". Brot ist eine Gabe, ein Geschenk, das auch heute nicht allen Menschen wie selbstverständlich jederzeit zur Verfügung steht. Umgekehrt vergessen wir leicht, für diese Gabe unseren himmlischen Vater zu danken, wenn wir Nahrung im Überfluss haben. Wir werden an das Himmelsbrot "Manna" erinnert, das jeden Tag neu eingesammelt werden musste und den Überdruss der Israeliten, als sie es immer wieder zu essen bekamen. Heute können wir durch das wöchentliche Abendmahl in der Kirche lernen, wie wichtig die ständige Erinnerung an das Sühnopfer Christi ist, in dem Jesus uns als Brot des Lebens bewusst wird. Wie beim Brot kann ich mir nicht vorstellen, dass ich des Evangeliums überdrüssig werden könnte. Von ihm geht eine mich stets belebende Kraft aus. So hat Brot für mich auch eine heilsame Wirkung. Es reguliert mein Wohlbefinden. Dazu tragen sicher auch die Brotgewürze und die Trockenpflaumen bei.
Das Brot ist auch ein Teil unseres Vorratsprogramms, das die Kirche vor 80 Jahren nach der Weltwirtschaftskrise einführte. Danach wurde den Mitgliedern geraten, sich auf Krisenzeiten vorzubereiten und einen Jahresvorrat an lebenswichtigen Gütern anzulegen. Das Brotgetreide ist wegen seiner langen Lagerfähigkeit ein Grundbestandteil dieses Vorrats, zu dem auch Wasser und H-Milch gehören. Um die Vorratsbestände immer wieder zu erneuern. ist es wichtig, sie beständig zu gebrauchen.
Letztlich gehört Brot auch zu unserer Familiengeschichte. Mein Großvater väterlicherseits war Bäcker und sein Vater Müller in Zamaiczen, Kreis Gumbinnen, Ostpreußen. Eine Bäckerei Nabrotzky gab es schon in Tilsit. Sie wurde nach dem Krieg von meinem Onkel in Borkum wieder gegründet und hat sich zur Inselbäckerei entwickelt. Sie ist jetzt schon seit vier Generationen im Familienbesitz. So ist es zu verstehen, dass ich gern selbst Brot backe, den Duft des frischen Brotes rieche und es dankbar täglich genieße.

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