Donnerstag, 18. Juni 2015

Tempelreinigung

Der erste Tempelbesuch, bei dem ich zwei Jahre nach der standesamtlichen Trauung meine Frau auch für Zeit und alle Ewigkeit heiratete, war meine eigentliche Bekehrung. Eigene Vorstellungen von den Tempelriten des Alten Testaments belasteten mich. Würde ich in eine Mystik hineingezogen, die mir fremd war? Was ich dann im Tempel erlebte, machte mich glücklich und sicher, meine religiöse Heimat gefunden zu haben.
Den Haag Tempel
Am vorigen Wochenende nahmen meine Frau und ich an der jährlich einmal stattfindenden Gemeindetempelfahrt teil, bei der wir erstmals den niederländischen Tempel in Den Haag besuchten. Auch von ihm hatte ich eine falsche Vorstellung und wurde deshalb von der Wirklichkeit angenehm überrascht. Als wir mit dem Bus nach Holland hineinfuhren, fielen mir besonders die architektonisch klar gegliederten und transparent gestalteten Industrie- und Handelsgebäude auf, die sich insgesamt in eine sauber wirkende Kulturlandschaft einfügten. Zwar hatte ich gehört, dass der dortige Tempel im Vergleich zu dem in Friedrichsdorf klein sei, doch wirkte er für mich vom Bild her trotzdem mächtig wie eine Burg mit seinem aus der Mitte aufsteigenden Burgfried. Aber er liegt in dem östlichen Vorort Zoetermeer, einem relativ spät eingemeindetem Dorf, und fügt sich in die beobachtete holländische Architektur genauso ein, wie der ganz anders erscheinende Frankfurter Tempel in die deutsche.
Unvorstellbar wäre für mich ein Basar im Vorhof des Tempels oder um ihn herum. Genau gegen solche Vermarktungstendenzen wandte sich Jesus, als er den Tempel in Jerusalem reinigte (vgl. Matthäus 21:12-17;http://www.bibleserver.com/text/EU/Matth%C3%A4us21). Für mich gilt dieses zunächst untypische Verhalten Christi als Bestärkung meiner Ansicht, dass auch ein Christ sich zur Wehr setzen darf. Er braucht sich nicht ausnutzen oder respektlos behandeln zu lassen, sondern darf sich dort behaupten, wo man ihn wegen seiner christlichen Grundhaltung mißachtet oder mißbrauchen will.
Betreten kann man den Tempel nur mit einem Empfehlunsschein, auf dem zuständige Priestertumsführer die Würdigkeit eines Mitglieds bestätigen. Damit soll gewährleistet werden, dass sich in seinen geweihten Räumen nur Menschen aufhalten, die Grundsätze und Verordnungen des Evangeliums befolgen  und damit im weiteren Sinne "reinen Herzens" sind (vgl. Psalm 24:4-6; http://www.bibleserver.com/text/EU/Psalm24). Im engeren Sinn wird sich kein Mensch als "rein" bezeichnen können, da wir allzumal Sünder sind. Aber der Tempel hilft uns, unsere Gedanken zu reinigen und immer wieder auf unsere Bündnisverpflichtungen auszurichten. Eine solche Reinigung verschafft uns inneren Frieden, nach dem wir uns letztlich sehnen.
Präsident Monson hat auf der letzten Frühjahrsgeneralkonferenz das Bemühen der Kirche dargestellt, die Tempel in die Nähe der Mitglieder zu bringen, damit sie bei zumutbarer Belastung an Zeit und Mitteln ihn besuchen können. Er stellt fest:"Wenn wir in den Tempel gehen und an die Bündnisse denken, die wir dort schließen, sind wir besser dazu imstande, diese Versuchungen zu überwinden und unsere Prüfungen zu ertragen. Im Tempel können wir Frieden finden." (https://www.lds.org/liahona/2015/05/sunday-morning-session/blessings-of-the-temple?lang=deu) Wenn ich einen Tempel betrete, dann bewegt mich ein Gefühl der Dankbarkeit und Freude, eine heilige Zufluchtsstätte zu haben, in der lichte Schönheit und wohltuende Ordnung herrscht. Dort finde ich Ruhe, Frieden und die Gewissheit, einmal mit meinen Lieben in die Gegenwart unseres himmlischen Vaters zurückkehren zu können. Der erste Besuch in dem für uns noch neuen Tempel in Den Haag hat dieses Gefühl und auch die Freude besonders verstärkt. Wie gesegnet wir doch sind, dass mit dem Evangelium auch die Tempelverordnungen wiederhergestellt worden sind, die eine besondere Kraft haben, uns zu reinigen!



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