Sonntag, 8. Januar 2017

Verbindlichkeit

Zu meiner Überraschung habe ich in der Redezeit von WDR 5 ein Gespräch zwischen Thomas Koch und dem Philosophen Maximilioan Probst über sein Buch "Verbindlichkeit. Plädoayer für eine unzeitgemäße Tugend" verfolgen können (http://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/neugier-genuegt/redezeit-probst-100.html).
Im Vorspann hieß es: "Ein guter Vorsatz für das neue Jahr? Der Philosoph Maximilian Probst schlägt mehr Verbindlichkeit vor. Er denkt dabei an eine "neue" Verbindlichkeit – die ein Gegenpol sein könnte zur digitalen Dauerverfügbarkeit."
Was mich bei diesem Thema bewegt, ist die Einsicht, dass ohne Streben nach Verbindlichkeit mein Leben wie ein schwankendes Rohr und damit wahrscheinlich erfolglos geblieben wäre. Der Autor meint dabei eine neue Verbindlichkeit, die frei gewählt und nicht durch traditionelles Rollenverhalten vorgegeben ist. So neu kann sie jedoch nicht sein, denn schon vor 50 Jahren war mir diese Einsicht gekommen. Nach dem auch geistigen Zusammenbruch des Nationalsozialismus, den ich an meinem Vater erlebte, war zu fragen, nach welchen Werten sich mein eigenes und das Leben meiner zukünftigen Familie richten sollte. Letzlich waren es christliche Werte, die ich in der wiederhergestellten Kirche Jesu Christi fand. Die Taufe war für mich ein Versprechen, eine frei gewählte verbindliche Handlung, ein Bund mit dem Vater im Himmel. Sie forderte von mir ein rechtschaffenes Leben nach althergebrachten, bewährten Geboten. Für eine solche Lebensführung wurde mir die Begleitung durch den Heiligen Geist verheißen, einem Beistand, dem ich zu jener Zeit kaum Bedeutung zumessen konnte, weil mir noch das notwendige Vertrauen fehlte. Mit den Jahren habe ich den Trost erfahren, der mir gläubiges Vertrauen zurückgab. In gleicher Weise hat mich die Ehe stabilisiert. Die Verbindlichkeit des Ehebunds war die Voraussetzung für ein gedeihliches Familienleben.
Probst meint allerdings, dass eine Rückbesinnung auf traditionelle Werte alte und damit nicht zeitgemäße Verbindlichkeit schaffe. Wenn die reformierten (wiederhergestellten) christlichen Werte zu den traditionellen gehören, dann habe ich die Erfahrung  gemacht, dass sie sehr wohl auch heute lebensbedeutsam sind. Er setzt dagegen mehr auf eine neue Verbindlichkeit, die gespeist wird aus dem bewahrenden Gestaltungswillen in einem zukünftigen globalen Lebenswelt. Wo z. B. zunächst unverbindliche Zielsetzungen Ergebnisse von Weltklimakonferenzen gewesen sind, werden heute verbindliche und kontollierbare Daten vereinbart.
Mein persönlicher Blick in die Zukunft ist auf ein ewiges und deshalb glückliches Leben in der Gegenwart Gottes gerichtet. Dieses setzt Verbindlichkeit oder Bündnistreue voraus. Ich freue mich, dass dieser Tugend wieder Aufmerksamkeit geschenkt wird.
In der Kirche studieren wir in diesem Jahr das Standardwerk "Lehre und Bündnisse", eine von fünf Heilgen Schriften der Kirche. Mir ist im Zusammenhang mit Verbindlichkeit aufgefallen, dass es nicht Lehren, d.h. einige unter vielen sind, mit denen wir uns beschäftigen werden, sondern dass es die verbindliche Lehre oder, wie wir auch sagen, das wiederhergestellte Evangelium Jesu Christi ist, auf dessen Grundlage die Bündnisse mit der Vollmacht des Priestertums geschlossen werden.

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